Formalismusdebatte

Formalismusdebatte
Formalịsmusdebatte,
 
ideologische Auseinandersetzungen im Zusammenhang mit dem Anspruch der gesellschaftlichen Verantwortung von Kunst, geführt seit den 30er-Jahren in der Sowjetunion und bei ideologisch konform eingestellten Künstlern im Ausland, nach 1945 bis in die 60er-Jahre auch in den anderen kommunistisch regierten Ländern (mit Ausnahme Jugoslawiens). Die parteioffizielle Kunstkritik, auf sowjetischer Seite v. a. A. A. Schdanow, A. Dymschiz (*1910, ✝ 1975), später in der DDR A. Abusch und A. Kurella, kennzeichnete die angeblich gegenüber dem politisch-ideologischen Gehalt eines Kunstwerkes überbewertete Art und Weise der Ausführung mit dem Vorwurf des Formalismus und lehnte diesen als ein dem sozialistischen Realismus widersprechendes Prinzip ab. Mit dem Ziel, »spätbürgerliche« kulturelle Traditionen zu überwinden, wurden wesentliche Neuerungen in der Kunst des 20. Jahrhunderts als Formalismus abgetan und dabei sowohl Klassiker der Moderne wie auch zeitgenössische Künstler, zum Teil aus den eigenen Ländern, abgewertet beziehungsweise zurechtgewiesen.
 
Der Vorwurf des Formalismus traf z. B. die »Antigone«-Oper von C. Orff (1950), die Oper »Das Verhör des Lukullus« von B. Brecht/P. Dessau (1951), die Oper »Johann Faustus« von H. Eisler (1952), Werke der Malerei und Grafik verschiedener Künstler (u. a. Carl Crodel, *1894, ✝ 1973; Horst Strempel, *1904, ✝ 1975; A. Mohr) sowie in der Erberezeption vorübergehend Werke von Käthe Kollwitz und E. Barlach und auch die vom Bauhaus beeinflusste Formgebung in der angewandten Kunst.
 
Das Schlagwort Formalismus wurde bis in die 60er-Jahre in der DDR benutzt, um subjektive Gestaltungsweisen aller Künste zu diskreditieren, später wurde es durch andere Formeln (Ästhetismus, Modernismus, Nihilismus u. a.) ersetzt. Dem Geist nach bestimmte die Formalismusdebatte auch noch die Diskussion um die Lyrik der jungen Generation, die 1966 geführt wurde (um V. Braun, R. Kirsch, Sarah Kirsch, K. Mickel u. a.).

Universal-Lexikon. 2012.

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